Angliederung der 1823 gegründeten Schwerdtfegerschen Brandgilde
im Jahre 1942
verfasst von Dr. phil. Hubertus Neuschäffer
veröffentlicht in „Gildetradition seit 300 Jahren und die Schleswig-Holsteinische Brandgilde von 1691 a. G.“ im Eigenverlag.
Die im Jahre 1823 von Christoph Wilhelm Schwerdtfeger (1786-1851) gegründete Schwerdtfegersche Brandgilde, in der adelige Güter versichert werden konnten, bestand bis 1942 als selbstständige Versicherung auf Gegenseitigkeit. Dieses Konkurrenzunternehmen stand freilich seit seiner Gründungszeit in enger Beziehung zur adeligen Brandgilde – vor allem auch in personeller Hinsicht, da der Interessentenkreis derselbe war. Die Familie Schwerdtfeger war stets führend in der von ihr ins Leben gerufenen Brandgilde. In den Jahren von 1854 bis 1861 war etwa Johannes Schwerdtfeger auf Löhrstorff Direktor der Brandgilde, schließlich August Schwerdtfeger auf Travenort bis 1876. Der mit der Schwerdtfegerschen Familie verschwägerte Emil Hölck führte sie seit 1878. Unter seiner Ägide wurde im Jahre 1880 bereits ein erster Rückversicherungsvertrag geschlossen. Nach seinem Tode 1916 folgte als Gildevorsteher W. Schwerdtfeger, dann führte die Geschäfte der Gutsbesitzer Stauffer, der auch zeitweilig in der Direktion der Schleswig-Holsteinischen adeligen Brandgilde vertreten war. Schließlich folgte Graf Brockdorff-Ahlefeldt, der spätere geschäftsführende Direktor der Brandgilde von 1691. Die Schwerdtfegersche Brandgilde war ähnlich aufgebaut wie die adelige Brandgilde.
Die Gildesekretäre waren Landwirte, so etwa der Pächter von Augustenhof, Danielsen, der über vierzig Jahre als Geschäftsführer die Geschicke der Schwerdtfeger-Gilde geleitet hat. Gleichfalls wirkte W. Diercks als Geschäftsführer. Dieser wurde später Bürgermeister von Preetz. Nach dem Tode von Diercks im Jahre 1886 übernahm Rudolf Brandt die Geschäftsführung, die er über fünfzig Jahre inne hatte. Es folgte 1937 Emil Schrödter. Unter seiner Geschäftsführung wurde die Schwerdtfegersche Gilde in die Schleswig-Holsteinische Brandgilde von 1691 überführt. der Fusion waren lange Diskussionen vorausgegangen. Noch längere Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hat sie als verband Schwerdtfeger ein Sonderleben innerhalb der Brandgilde von 1691 geführt.
Dieses war in „Sonder-Vereinbarungen zwischen der Schwerdtfegerschen Brandgilde a.G. zu Kiel und der Schleswig-Holsteinischen Brandgilde von 1691 zu Kiel“ begründet. In acht Paragraphen wurde der Vertrag festgesetzt. Im Paragraph 1 heißt es einleitend: „Alle auf die Schleswig-Holsteinische Brandgilde von 1691 übertragenen Mitglieder der Schwerdtfegerschen Brandgilde a.G. bilden in der übernehmenden Gilde einen ‚Verband Schwerdtfeger’“. Weiter hieß es: „Die Schwerdtfegersche Brandgilde a.G. zu Kiel überträgt unter Zugrundelegung des Jahresabschlusses 1941/42 ihren gesamten Versicherungsbestand mit Rücklagen und Entgeltüberträgen, einschließlich aller Aktiven und Passiven, auf die Schleswig-Holsteinische Brandgilde von 1691 zu Kiel, mit Wirkung vom 15. Oktober, mittags 12.00 Uhr, 1942.“
Unter dem Vorsitz des Gutsbesitzers Kühl auf Krieseby und dem Hofpächter von Hohenhütten bei Preetz, Stoltenberg, wurde am 26. Juni 1942 der Übernahmevertrag beschlossen und unterzeichnet. Am 29. Juli 1942 wurde der aus drei Paragraphen bestehende Vertrag von der Direktion der Schleswig-Holsteinischen Brandgilde von 1691 gegengezeichnet. Zur Direktion gehörten damals die Herren Graf Brockdorff-Ahlefeldt, v. Bülow, Hamann, Graf Rantzau.
Es waren 1942 somit alle drei großen historischen Brandversicherungen für die ehemaligen adeligen Güter, die Brandgilde von 1691, die Saldernsche Brandgilde von 1760 und die Schwerdtfegersche Brandgilde von 1823, vereint.
Im Jahre 1944 sprang für den ausgeschiedenen Herrn Stoltenberg aus dem Schwerdtfegerschen Verband innerhalb der Brandgilde von 1691 als stellvertretender Distriktsvorsteher Emil Schroedter aus Neuwühren ein. Er war ein Nachfahre des 1725 erwählten Gildesekretärs Franz B. Schroedter, der damals noch sogenannten Kielschen adeligen Brandgilde. Bis in die beginnenden 1960er Jahre hat innerhalb der Schleswig-Holsteinischen Brandgilde von 1691 der „Verband Schwerdtfeger“ ein gewisses Eigenleben geführt. Er verlor dann aber schließlich vollständig seine Bedeutung.
Kleine Missverständnisse und Unstimmigkeiten in der ersten Phase der Zusammenarbeit als „Verband“ wurden ausgeräumt, nicht zuletzt durch die chevalreske und distanzierte Art des Grafen Brockdorff-Ahlefeldt, etwa in einem Brief vom 17. März 1948 bezeugt. Er schreibt an die damalige Geschäftsführung: „Und dann: nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich Sie ersuche: Seien Sie nicht so reizbar, beide nicht! Legen Sie nicht jedes Wort oder jede Handlung des anderen auf die Goldwaage. Versuchen Sie es mal wieder mit dem alten schönen Vertrauen. Das Leben hat nun mal Dornen und Ecken, die sich besonders bemerkbar machen für solche Menschen, die auf Zusammenarbeit angewiesen sind. Wirklich, man kommt am leichtesten durch, wenn man nicht immer wieder an diese Ecken anrennt, sondern wenn man sie ignoriert, ihnen aus dem Wege geht. Sie wissen beide, wie hoch ich Sie persönlich und in Ihrer Art schätze. Weil ich das tue, darf ich auch hoffen, dass zwei Herren mit so vorzüglichen Qualitäten, wie Sie beide sie besitzen, sich meinen Bitten nicht verschließen werden.“